[Rezension] Roman *** D´Avenia: Der blinde Lehrer *** fulminanter Start + tolles Ende, aber nicht einfach

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Alessandro D´Avenia „Der blinde Lehrer“
übersetzt von Verena von Koskull

TB, 400 Seiten, 14 Euro, ET: 16.10.2024
Danke für die Bereitstellung des Buches. Unbezahlte Werbung!
HIER geht es zum Buch auf der Verlagsseite.

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Inhalt:

„Ein Lehrer verliert sein Augenlicht, aber nicht den Glauben an die Zukunft – Die italienische Antwort auf »Der Club der toten Dichter«

Was wäre, wenn das Aussprechen eines Namens ihn zugleich mit Leben füllen würde? Dies ist die Schule, von der Omer Romeo träumt. Fünfundvierzig Jahre alt, wird er als Vertretungslehrer für Naturwissenschaften in eine Klasse in Rom berufen, die vor den Abiturprüfungen steht und in der die hoffnungslosen Fälle der Schule vereint sind. Eine Herausforderung für Omer, der erblindet ist und nicht weiß, ob er zukünftig weiter als Lehrer gebraucht wird. Da er nicht in der Lage ist, die Gesichter der Schüler*innen zu sehen, erfindet er eine neue Art des morgendlichen Aufrufens und lässt die Jugendlichen ihre Geschichten erzählen. Langsam öffnen sie sich ihm: das Mädchen, das eine unaussprechliche Wunde verbirgt, der Rapper, der in einem Kinderheim lebt, der Streber, der nur hinter einem Bildschirm mit anderen in Kontakt tritt, die verlassene Tochter oder der aufstrebender Boxer, der davon träumt, wie Rocky zu sein … Dem blinden Lehrer gelingt schließlich, die Kinder seiner Klasse von einer bloßen Ansammlung isolierter Stimmen in einen harmonischen Chor zu verwandeln.“ (Quelle)

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Meine Meinung:

Das Buch hat mich total angelacht. Ich habe den Titel gelesen und war schon Feuer und Flamme. Meine Lust, das Buch zu lesen, steigerte sich durch den Hinweis „Die italienische Antwort auf »Der Club der toten Dichter“ (Verlagsseite) und durch den Klappentext. Ich habe so gehofft, dass das Buch eines meiner Highlight werden würde, es klang sehr danach. 

Nach den ersten Seiten war ich gefangen in Omeros Welt (by the way: Warum steht eigentlich auf dem Buchrücken „Omer“ und nicht „Omero“? Das habe ich nicht verstanden!) und habe ihn für seine Ansätze, für sein Umgehen mit den Schülern und seine Denkanstöße direkt geliebt. Ich war gespannt, was er mit alledem bei seinen Schülern erreichen würde. 

Ich habe ihn für seine schlagfertigen Antworten gegenüber seinen Kollegen und auch gegenüber des Direktors gefeiert und auch bewundert. Viele seiner Aussagen bezüglich des Schulsystems und der Verfolgung des Lehrplan sind richtig und so wahr. Das Schlimme daran ist, dass es eigentlich jeder weiß und trotzdem nichts geändert wird. Es gibt viele Lehrer, die innerhalb der starren Grenzen versuchen, den Schulalltag besser, sinnvoller und lebensnaher zu gestalten, die auf eine gute Schüler-Lehrer-Beziehung setzen und alles dafür geben, das Beste aus seinen Schutzbefohlenen herauszuholen und sie vielfältig zu unterstützen. Letztendlich muss am Ende trotzdem eine Beurteilung stattfinden und der Lehrplan befolgt werden. Hier einen gangbaren Weg für sich und die Schüler zu finden, ist schwierig und macht viele Lehrer mürbe – auch die guten. 

Die Kombination aus naturwissenschaftlichen Fragen kombiniert mit Lebensweisheiten, philosophischen Ansätzen und dem Alltag der Schüler ist absolut grandios. Man könnte meinen, der Autor wäre schon 80 Jahre, um einen solchen Weitblick zu haben und sich in solch vielen Dingen auszukennen. 

Das Ende hat mich tatsächlich sehr überrascht und konnte mich emotional stark abholen und mitreißen, auch wenn ich die Berichte doch ein wenig zu „happy“ finde. 

Leider gab es auch Momente beim Lesen, die mir nicht so gut gefallen haben.

Die Schülerantworten sind extrem gebildet. Selbst, wenn ich einen solchen Appell in meinem Unterricht einführen würde, würde ich niemals solche Antworten bekommen, auch nicht von den angehenden Abiturienten. Viele Antworten klingen wie Überlegungen von Hochbegabten (was sie aber nicht uninteressanter macht!).

Auch sind die Schüler sehr, sehr offen und breiten ihre geheimsten Sorgen und Ängste vor den anderen Klassenkameraden aus. Das finde ich unrealistisch, da doch nach außen getratscht wird und Informationen nach draußen dringen. 

Omero ist anfangs ein absoluter Sympathieträger. Im Verlauf der Geschichte wird er aber immer strikter in seinem Verhalten und es wirkt so, als würde er weder nach links noch nach rechts schauen und keinerlei andere Meinung zulassen. Ein wenig Empathie und Verständnis für einige der anderen Menschen wäre sinnvoll. Mit dem Kopf durch die Wand war ebenfalls noch nie ein gutes Vorgehen, zumindest nicht, wenn man Verbündete braucht bzw. langfristig etwas erreichen möchte. 

Gegen Ende geht es immer wieder um Gott und mir waren die Gespräche und Anmerkungen hierzu letztendlich zu viel. 

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Fazit:

Das Buch lässt mich zerrissen zurück. Einerseits eine tolle Geschichte, die sehr nachdenklich macht und zu Herzen geht, vor allem, wenn man selbst mit Kindern und Jugendlichen arbeitet. Andererseits war mir ab der Hälfte vieles zu viel, zu kalt und zu streng/strikt. 

3,5 Sterne für ein wirklich lesenswertes Buch – vielleicht auch etwas für dich?

Leider habe ich keine anderen Rezensionen zum Verlinken gefunden (gerne her mit dem Link!). 

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